Wenn zweimal im Jahr Kinderautositze von den vier renommierten deutschsprachigen Testinstituten in Augenschein genommen werden, jubeln die Testsieger und schweigen die Verlierer.
Eigentlich ist es jedes halbe Jahr das gleiche Spiel: ADAC und Stiftung Warentest sowie deren Partner in Österreich, der ÖAMTC, und in der Schweiz, der TCS, veröffentlichen die Testergebnisse, die in einer eingespielten, untereinander aufgeteilten Arbeitsweise gemeinsam ermittelt werden. Dabei übernimmt der ADAC die Crashtest-Versuche, die Stiftung Warentest die Schadstoffprüfungen und ÖAMTC sowie TCS steuern Bewertungen der Handhabungsversuche bei.
Diesem vermeintlich weniger „harten“ Testbereich kommt übrigens eine nicht unerhebliche Bedeutung zu, weil zahlreiche Studien bis heute den sogenannten „Misuse“, also den falschen Gebrauch von Kindersitzen, als eine der häufigsten Fehlerquellen ausmachen. Es werden erstaunlich oft eigentlich sehr sichere Autositze durch den fehlerhaften Einbau beziehungsweise durch eine nicht ordnungsgemäße Befestigung im Auto in ihrer sichernden Funktion beeinträchtigt.
Daher sind alle Bemühungen vonseiten der Hersteller – sei es durch klar und leicht verständliche, gut sichtbar angebrachte, mit Piktogrammen versehenen Aufkleber oder sei es durch mechanische oder elektrische Indikatoren oder anderweitig unterstützende Maßnahmen wie in Form von Einbauvideos bereitgestellte Unterstützung – nicht nur in Teilen gesetzlich gefordert und löblich, sondern von elementarer Bedeutung. Wie gut sich diese Maßnahmen dem durchschnittlichen Endverbraucher erschließen, werden in den erwähnten Handhabungsversuchen überprüft.
Sind dann nach allen Tests und Checks die Ergebnisse der Testpartner in der Ergebnistabelle zusammengetragen, werden diese vor Veröffentlichung auf Plausibilität geprüft, die Stärken und Schwächen der einzelnen Sitzmodelle diskutiert und in der verbalen Beurteilung verdichtet. Wenn dann die Ergebnistabelle veröffentlicht wird, wie zuletzt am 22. Oktober 2019 durch den ADAC, dann trudeln im Stundentakt die frohlockenden Meldungen der Hersteller in die Pressepostfächer der Redaktionen, während jene Anbieter, die gerade noch ausreichende Ergebnisse ausgewiesen bekommen oder, schlimmer noch, durch die Note „mangelhaft“ gerade um die Vertriebschancen eines Modells beraubt wurden – schweigen.
Verständlich möchte mancher meinen, doch gilt Kommunikation in einer Krise als Königsdisziplin. In der Regel sind die Gründe entweder schwerwiegend und daher zurecht bemängelt worden. Oder aber sie sind Ergebnisse einer Zulieferer- und Kontrollschwachstelle, die ebenso erkannt und ausgemerzt werden wollen. Eine proaktive, im übrigen nicht nur die Handelspartner, sondern auch Fachpresse und Öffentlichkeit umfassende Kommunikation, sollte inzwischen zur guten Schule gehören. Ein Wegducken und Herummunkeln hilft da gar nicht.
Erst 20 Kandidaten, dann nur noch 18
Doch was, wenn man – wie eventuell der amerikanische Hersteller Uppababy – zu Unrecht an den Pranger der Organisationen gestellt wird? So geschah es im aktuellen Test. Denn die ursprüngliche Meldung vom 22. Oktober, die der Redaktion vorliegt und sich auch in der Berichterstattung zahlreicher Publikumsmedien wie Auto Motor Sport, Spiegel Online oder dem ZDF niederschlug, titelte „20 Kindersitze im ADAC Test“. Weiter wurde ausgeführt: „Vier der untersuchten Sitzmodelle mussten aber mit ‚mangelhaft‘ bewertet werden. Der Grund: der hohe Schadstoffgehalt.
Die Bezugsstoffe des ‚Uppababy Mesa i-Size‘ und des ‚Uppababy Mesa i-Size + i-Size Base‘ enthalten das Flammschutzmittel TCPP. Die gefundene Menge überschreitet den für Spielzeuge geltenden Grenzwert der Richtlinie 2014/79/EU.“ Auch Hauck wurde, für sein Modell „Hauck iPro Baby“, mit „mangelhaft“ bewertet, da hier Naphthalin nachgewiesen wurde, das eine krebserregende Wirkung haben soll.
Doch darum geht es hier nicht. Denn in den zwei Wochen nach der Veröffentlichung der ADAC-Meldung verschwanden zwei Sitze aus dem Test – eben jene von Uppababy. Eine proaktive Korrektur erfolgte bis Redaktionsschluss nicht, auch wenn die ursprüngliche Meldung – im Netz unter der gleichen URL – inzwischen mit „18 Kindersitze im ADAC Test“ titelt. Auch die Übersichtstabelle verschwand, eine korrigierte war bis zum Andruck nicht erstellt worden.
Was war passiert? Die Rückfrage bei der Pressestelle ergab, man habe fälschlicherweise ein Produkt aus einer Charge getestet, das nur in Großbritannien, nicht aber im Rest Europas und somit Deutschland vertrieben wird. Man sei dabei, eine neue Schadstoffprüfung an einem in Deutschland vertriebenen Produkt vorzunehmen und werde die Ergebnisse nachreichen.
Die Nachfrage bei der Presseagentur von Uppababy bestätigte den Vorfall und teilte unserer Redaktion mit: Die Stiftung Warentest habe „fälschlicherweise den Mesa i-Size UK, nicht den Mesa i-Size EU getestet. In Großbritannien gibt es andere Regulierungen als in Deutschland.“ Sollte Uppababy also bei der erneuten Überprüfung der EU-Variante des Sitzes bestehen, können sich beide Modelle ansonsten guter Werte erfreuen.
Dennoch hat die Veröffentlichung bereits breite Kreise gezogen. Der Distributor Haltho mag zwar seine Fachhandelspartner informieren können. Doch der sich selbstständig informierende Verbraucher wird im Netz noch zahlreiche warnende Hinweise finden. Eines gibt aber dennoch zu denken: Warum sollten eigentlich britische Kunden, Brexit einmal hin oder her, durch Sitze bedient werden, die das Flammschutzmittel enthalten? Zwar unterscheiden sich die gesetzlichen Anforderungen in einigen Punkten, doch Flammschutz lässt sich auch anders erreichen.
So hat der U.S. PIRG Education Fund in den USA darauf hingewiesen, dass einige Hersteller seit 2018 neue Alternativen prüfen, um Autositze auch vor derartigen gefährlichen Chemikalien zu schützen. Gerade hier hatte sich Uppababy hervorgetan: „Uppababy hat den ersten natürlich feuerhemmenden Autositz entwickelt, weil unsere leidenschaftliche Verbraucherschaft eine natürliche Alternative wollte. Also habe ich unser F&E-Team aufgefordert, so etwas zu entwickeln“, sagte Bob Monahan, CEO von Uppababy, im Dezember 2018. Daher darf man auf die erneute Schadstoffprüfung umso gespannter sein.
Die Crème de la Crème
Gute Bewertungen erhielten beim diesjährigen Autositztest gleich zwölf Modelle. Drei „Gruppensieger“ haben besonders gut gepunktet.
Swandoo: Albert + i-Size Base
Gesamtnote: 1,6
Hier stimmt eigentlich alles: Der Überraschungsheld Swandoo (www.swandoo.com) ist noch immer eher ein Newcomer und beweist damit erst recht, dass es keinen bekannten Namen braucht, um einen sicheren Sitz zu fertigen. Der einzige Kritikpunkt ist das Gewicht des Sitzes, das im Vergleich aber auch noch im Rahmen liegt.
Preis: 450 Euro
i-Size: 40 bis 85 cm
Gewicht: 10,5 kg
Besafe: Izi Kid X3 i-Size
Gesamtnote: 1,8
Mit einem Gewicht von 14,5 Kilogramm kein Leichtgewicht, konnte das Modell von Besafe (www.besafe.de) mit sehr guten Ergebnissen beim Seiten- und Frontalcrashtest punkten. Auch lobt der ADAC den geringen Platzbedarf des Sitzes im Auto – und das gute Platzangebot für das Kind im Autositz selbst.
Preis: 560 Euro
i-Size: 61 bis 105 cm
Gewicht: 14,5 kg
Joie: i-Spin 360
Gesamtnote: 1,8
Das drehbare Modell von Joie (www.joiebaby.com) zeichnet sich durch seine Langlebigkeit aus, weil der Sitz von Geburt an bis circa vier Jahre genutzt werden kann. Hinzu kommt ein leichter Einbau des Sitzes und sehr gute Ergebnisse beim Front- und Seitencrash. Einer der wenigen Kritikpunkte ist das vergleichsweise hohe Gewicht des Sitzes.
Preis: 350 Euro
i-Size: 40 bis 105 cm
Gewicht: 13,9 kg